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Was hat Sie bewogen, gerade Ihren Beruf zu ergreifen? Ich war immer schon gerne für andere da, und habe immer auch schon lieber zugehört als geredet. Ich liebe diesen Job und tauche mit meinen KlientInnen wahnsinnig gern in ihre Lebenswelten ein. Bestimmte Techniken anzuwenden, um aus scheinbar hoffnungslosen Situationen herauszukommen, hat für mich darüber hinaus eine immense Faszination. |
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Welche besonderen Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach in Ihrem Beruf gefordert? Da gibt es mehrere Fähigkeiten, die man in diesem Beruf mitbringen sollte. An erster Stelle steht der Wunsch, für andere da zu sein und helfen zu wollen. Danach kommt die Fähigkeit, sich in den anderen hineinversetzen zu können; erst wenn mein Gegenüber merkt, dass ich seinen Ausführungen inhaltlich und emotional folgen kann, kann es sich gedanklich weiter bewegen. Daraus folgt die nächste Fähigkeit: nämlich, dass ich als Psychotherapeut 'nur' mitfühlen, aber nicht mitleiden darf, damit eine professionelle Handlungsfähigkeit gewährleistet bleibt. Dadurch wird gleichzeitig die Grundlage für eine weitere wichtige Fähigkeit geschaffen: Die wertschätzende Akzeptanz der KlientInnen, egal, wie sie sich verhalten, denken oder reden. Außerdem gehört es in der Psychotherapie zum 'Kleinen 1 x 1', sich kein eigenes Urteil über die Situationen der KlientInnen zu bilden. Dies obliegt alleine den KlientInnen. Schließlich bewegen wir uns in ihren Lebenswelten - und nicht in unseren eigenen. |
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Was erachten Sie als Ihren bisher größten beruflichen Erfolg?
Jede einzelne Person, deren Anliegen in meiner Praxis gelöst wurde, ist für mich der größte berufliche Erfolg. Das Lachen dieser Person, die Erleichterung in ihrem Gesicht, das Strahlen über ein erreichtes Ziel - all das sind wunderschöne Momente, die die eigentliche Belohnung für meine Tätigkeit sind. Grundsätzlich ist jeder Fall, mit dem ich zu tun habe, für die betreffende Person von immenser Wichtigkeit. Meistens ist eine hohe Emotionalität und irgendeine Art von 'Unüberwindbarkeit' gegeben, zumindest zu Beginn. Das macht jeden einzelnen Fall zu einer intensiven Angelegenheit. Vor allem natürlich für die KlientInnen, aber immer auch für mich. Da ich mich in ihre Welt hineinversetze, bekomme ich die Gefühle hautnah mit. Jedesmal, wenn wir dann 'über den Berg' drüber sind, ist das Erfolgsgefühl deshalb auch für mich riesengroß. |
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Wodurch glauben Sie, könnten die Menschen vermehrt für Ihre Dienstleistungen interessiert werden? Durch grandiose Arbeit aller KollegInnen in dieser Branche, denn Mundproganda ist die beste Propaganda. Darüber hinaus erachte ich eine starke Interessensvertretung als essentiell, die sich organisatorisch, gesellschaftspolitisch und marketingtechnisch für unser Dienstleistungen einsetzt. |
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Arbeiten Sie auch mit Berufskolleg*innen oder mit Expert*innen aus anderen Berufsgruppen zusammen? Meist nicht direkt, aber indirekt, arbeite ich mit Expert*innen anderer Berufsgruppen zusammen. In seltenen Fällen telefoniere ich mit ihnen: Mit Psychiater*innen, Hausärzt*innen, Psycholog*innen, Pädagog*innen. |
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Was bedeutet für Sie Glück? Wenn ich davon ausgehe, dass hier von 'Lebensglück', also von einem glücklichem Leben die Rede ist, lautet die ehrliche Antwort: Ich selbst verwende dieses Wort eigentlich kaum. Denn manchmal bin ich glücklich, und manchmal eben nicht. Und wenn ich das Glück festhalten will, dann verhält es sich tatsächlich wie der Vogel aus dem bekannten Sprichwort: es fliegt davon. Überhaupt finde ich, dass der Ausdruck 'Glücklich-Sein' heutzutage überstrapaziert ist und das Streben nach Glück Druck erzeugen kann. Daher spreche ich lieber von einem inneren Frieden, den ich immer wieder erlangen will, wenn es zu Aufregung, Spannungszuständen und inneren Konflikten gekommen ist. |
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Was ist Ihr Lebensmotto? Wenn du es eilig hast, lass dir Zeit. |